April 2000 in Washington, D.C.: Die Polizei bewacht die Zentrale
der Weltbank, während Demonstranten gegen deren Politik protestieren,
die den ärmsten Ländern schade
Bild:
Reuters / Mike Theiler
Die brutale Tötung George Floyds durch einen Polizisten
hat weltweit für Entsetzen gesorgt und in den USA zu Protesten geführt,
die teils einem Aufstand ähnelten. Zahlreichen Kommentatoren in
Deutschland fiel die Einordnung dieser Gewalttat nicht besonders schwer:
Die Vereinigten Staaten seien eben ein zutiefst rassistisches Land.
Doch es ist gar nicht so einfach, diesen Gemeinplatz auf seinen
Wahrheitsgehalt zu prüfen. Eine Umfrage von ABC News etwa hat ergeben,
dass drei Viertel der US-Bürger den Mord an George Floyd als Ausdruck
eines Rassismusproblems ansehen, und zwar quer durch alle Ethnien und
politischen Milieus – sogar 55 Prozent der sich als Republikaner
verstehenden Befragten äußerten sich dementsprechend, 30 Prozentpunkte
mehr als in einer vergleichbaren Umfrage unter der Präsidentschaft
Barack Obamas. Die gängige Vermutung, rassistische Einstellungen hätten
sich in der Bevölkerung seit der Wahl Donald Trumps zum Präsident
ausgebreitet, belegen solche Zahlen nicht. Eher lässt sich festhalten,
dass Rassismus mehr ist als die Summe der Menschen mit rassistischen
Einstellungen. »Rassismus«, so die Historikerinnen Karen und Barbara
Fields in ihrem Buch »Racecraft«, ist eine »soziale Praxis« und »kein
Gefühl oder mentaler Zustand, so wie Intoleranz, Vorurteil, Hass oder
Böswilligkeit. Verhielte es sich so, wäre man ihn schnell los; die
meisten Leute meinen es gut und haben ansonsten sowieso meistens etwas
Besseres zu tun.« https://jungle.world/artikel/2020/25/der-klassencharakter-der-polizei
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